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Urteil StGH 7/13 Niedersächsischer Staatsgerichtshof am 24.10.2014 Art. 24 Abs. 2 Satz 1 NV

Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs

im Verfahren "Aktenvorlage betreffend den Staatssekretär a.D. Paschedag"

Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat am 24. Oktober 2014 sein Urteil im Organstreitverfahren von fünf Mitgliedern des Ausschusses für Haushalt und Finanzen des Niedersächsischen Landtages, fünf Mitgliedern des 22. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Niedersächsischen Landtages und der Fraktion der CDU im Niedersächsischen Landtag gegen die Niedersächsische Landesregierung verkündet.

Im Zusammenhang mit kritischen Medienberichten insbesondere über die Anschaffung des Dienstwagens, die Klimaanlage im Dienstzimmer und die Besoldung des Staatssekretärs Paschedag und dessen Versetzung in den einstweiligen Ruhestand hatten der Ausschuss für Haushalt und Finanzen und der später eingesetzte Parlamentarische Untersuchungsausschuss von der Landesregierung im August/September 2013 auch die Vorlage von Akten gefordert, die diese Vorgänge betreffen. Die Landesregierung identifizierte hierauf Akten mit einem Umfang von 10.765 Seiten als von dem Aktenvorlagebegehren betroffen. Davon legte sie 6.018 Seiten vor und verweigerte die Vorlage der übrigen 4.747 Seiten. Zur Begründung berief sie sich im Wesentlichen auf die Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung und eine Verletzung schutzwürdiger Interessen Dritter. Daraufhin haben die Antragsteller im Dezember 2013 den Staatsgerichtshof angerufen und beantragt festzustellen, dass die Landesregierung ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht zur Aktenvorlage nicht hinreichend nachgekommen sei.

Der Staatsgerichtshof hat dem Antrag weitgehend stattgegeben und eine Verletzung der Rechte der Mitglieder des Ausschusses für Haushalt und Finanzen und des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses aus Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Verfassung festgestellt. Die Landesregierung hat danach die Vorlage des überwiegenden Teils der nicht vorgelegten Aktenteile zu Unrecht oder mit nicht hinreichender Begründung verweigert.

Der Staatsgerichtshof hat dazu ausgeführt, dass der Aktenbegriff in Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Verfassung umfassend zu verstehen ist und auch elektronisch gespeicherte Dokumente und E-Mail-Kommunikation dazu gehören. Eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Landesregierung berechtigt nur dann zur Verweigerung der Aktenvorlage, wenn die Beeinträchtigung wesentlich ist, sich auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung bezieht und das parlamentarische Informationsinteresse überwiegt.

Den Antrag der Fraktion der CDU im Niedersächsischen Landtag gegen die Niedersächsische Landesregierung hat der Staatsgerichtshof dagegen als unzulässig abgelehnt. Der CDU-Fraktion fehlt im konkreten Verfahren die Antragsbefugnis, da sie selbst kein Aktenvorlagebegehren an die Landesregierung gerichtet hat.

Dr. van Nieuwland

Artikel-Informationen

erstellt am:
24.10.2014

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